Dienstag, 29. März 2016

Ich hab's getan - bei C+3 und strömendem Regen!

Der Regen strömte die Windschutzscheibe herab, der Wischer lief auf höchster Stufe. Außentemperatur C+3. Gummistiefelwetter! Wer solche nicht sein eigen nennt - und auch trägt - hat heute große Chance auf richtig nasse Füße, und zwar den ganzen Tag lang. Was sollte ich dann mit meinen Selbstgenähten ausrichten? Die würden im Handumdrehen komplett durchgeweicht sein. Ich konnte direkt spüren, wie meine Füße in den nassen Sohlen platschten. Igitt! Dann doch lieber barfuß. Es ist ja noch dunkel, und kurz nach 6 Uhr sind höchstens die Hausmeister in der Speicherstadt unterwegs.

Also die nackten Füße voller Tatendrang aus dem Auto geschwungen. Der erste Kontakt mit der Außenwelt war dann doch nicht so unangenehm, wie befürchtet. Ich habe also meine Kapuze zusammengezogen und bin voller Tatendrang losmarschiert. Nach ein paar Schritten hatte mich die Realität in Form von eisiger Kälte eingeholt. Bin ich denn bescheuert? Es ist saukalt, es schüttet aus Eimern, und ich spaziere barfuß durch die Gegend.

Meine Ballen waren ganz gefühllos von der Kälte. Luftanhalten half da auch nicht. Zu den Schmerzen, die die Kälte verursachte kamen dann auch noch die pieksigen Steine. Was ich als Schuhträger sehr hilfreich fand, kann ich als Barfußträger leider nicht so leicht ertragen. Am schlimmsten war es auf dem großen Parkplatz an den Deichtorhallen. Der Asphalt ist mit einer üblen Splitschicht versehen. Möglicherweise erhöht sie bei Glätte die Haftung, aber meine Füße wären lieber drüber geschwebt. Trotzdem nahm ich den kürzesten Weg und bin nicht die Fahrbahnmarkierungen entlang gegangen. Das war mir dann doch zu blöd. Ich hatte mich fürs Barfußgehen entschieden, dann wird es auch durchgezogen! Manchmal fiel mir ein, das Atmen ganz gut wäre. Ich pumpte wie ein Maikäfer.

Schön war es, als ich endlich in der Speicherstadt ankam. Da konnte ich auf der Fahrbahn gehen, die mit Kopfsteinen gepflastert ist. Die sind so herrlich glatt. Die unregelmäßige Form tut meinen Füßen gut: keine rauhen Oberflächen, keine scharfen Kanten. Ich konnte durch Pfützen patschen und musste mir keine Gedanken über nasse Schuhe machen. Das war schon schön. Eigentlich sollte ich öfter mal so etwas "Verrücktes" tun. Das bringt sicherlich Schwung ins Leben. ;-)

Trotzdem war ich froh, als ich endlich die Eingangstür aufziehen konnte und im Fahrstuhl auf der weichen Schmutzfangmatte stand. Meine Füße fingen fast sofort an zu glühen, mein Atem entspannte sich. Ist das schön, wenn der Schmerz nachlässt.

Fazit: Nur die Harten komm'n in'n Garten! Ich bin froh, dass es Frühling wird. :-)

Mittwoch, 16. März 2016

Meine Füße sind Thermostate

Heute Morgen waren schon wieder Minus Fünf. So langsam nerven mich die Temperaturen, denn neben meinen selbstgenähten Treterchen muss ich immer noch Söckchen anziehen, damit meine Füße auf dem Weg ins Büro nicht total gefühllos werden. Gestern hatte ich allerdings Strumpfhosen an – Feinstrumpfhosen. Das war ein Fehler! Offensichtlich verursachen die eine stärkere Reibung als meine Baumwollsocken, so dass mir jetzt noch die Ballen brennen. Wieder was gelernt. ;-)


Aber cool ist es schon zu beobachten, welch ausgeklügeltes Klimasystem in uns installiert ist. Meine Fußsohle kann ich nach etwa fünf Minuten auf den eiskalten Steinen fast nicht mehr fühlen. Dann setzt der Turbo ein und heizt. Damit kehrt auch das Gefühl zurück. Das ist der Unterschied, der mir im Gegensatz zu meiner Zeit in Schuhen besonders auffällt. Wenn die Füße in Schuhen erstmal kalt waren, wurden sie nur noch kälter, aber auf keinen Fall wärmer. Deshalb habe ich auch kein Problem damit, jetzt die paar Minuten durchzustehen. Wenn ich im Büro bin, ziehe ich Strümpfe und Treterchen aus. Meine Zehen sind rot und warm. Ich finde auch keine leichten Erfrierungen, wie man vermuten könnte. Die exponierten Stellen sind besonders rot – da glüht der Ofen. Wenn mir kalt ist, ziehe ich lieber eine Jacke über, als die Socken wieder an. Das wärmt mich schneller. Die Füße scheinen so etwas wie Thermostate für den Körper zu sein. Da wäre es doch widersinnig, sie einzupacken. Das mache ich mit dem Temperaturfühler an meiner Heizung ja auch nicht.

Samstag, 12. März 2016

Wohlfühlprogramm vs. Pflastermüdigkeit

In der letzten Woche war ich täglich auf den harten Wegen Hamburgs unterwegs. Was für ein Unterschied zu den weichen Waldwegen, die ich bislang in meiner Barfußkarriere gegangen bin. Obwohl es nicht so kalt war, wie in den Tagen, als ich mit dem Barfußgehen startete, hatte ich das Gefühl, meine Fußsohlen verabschieden sich von mit, speziell die Ballen. Genau an den Stellen, an denen ich früher, als ich noch im Tae Kwon Do aktiv war, dicke Hornplatten hatte, sind die Ballen gereizt. Ich vermute die Ursache in der Reibung zwischen der Fußsohle und dem Sohlenleder meiner Ballerinas. Demnach sollte sich das Problem bei wärmeren Temperaturen erledigen, da ich dann keinen Kälteschutz mehr benötige. 

Obwohl meine Fußmuskeln sich in den ersten Wochen gut entwickelt hatten, war das harte Straßenpflaster anstrengend. Pflastermüdigkeit entsteht also nicht nur, wenn man in Schuhen auf den künstlich angelegten Wegen unterwegs ist. Ich war abends sehr müde. Meine Füße schmerzten. Aber es schmerzten die Muskeln und nicht wie früher die Knochen. Das lässt ja schon mal hoffen. ;-) Was also tun? Ich bin froh, dass es die Barfuß Community gibt. Da habe ich hilfreiche Tipps und Anregungen bekommen, meinen Füßen zu helfen. Die vordringlichste Frage ist für mich, wie ich mit dem Straßenpflaster umgehe. Ich habe mir also ein kleines Wohlfühlprogramm ausgedacht: warmes Fußbad, lockernde Massage, einfach nur baumeln lassen.

Baumeln lassen! Das geht sehr gut auf dem Pferd. Nach meinen beklemmenden Erfahrungen mit den Boots habe ich mich entschlossen, mit meinen Barfuß-Ballerinas in den Stall zu gehen. Gepaart mit Baumwollsöckchen kann ich damit recht lange im kalten Matsch stehen. Ich fühle mich mit meiner Entscheidung sehr wohl. Natürlich gab's auch schon über verschiedene Kanäle Kritik. So'n Pferd ist ja nicht gerade ein Fliegengewicht. Aber wer bin ich, anderen Menschen Anweisungen zu geben? Jeder ist für sich selbst verantwortlich und muss deshalb auch selbst entscheiden, welche Risiken er eingeht. Ich fühle mich mit meiner Entscheidung sehr wohl. Ich fühle mich Madeira noch stärker verbunden, wenn ich auch barfuß bin. Das wird ganz deutlich in den Fortschritten, die wir beide machen. Die basieren schließlich auf Vertrauen.

So flog mich denn gestern der Gedanke an auszureiten, und zwar ohne Sattel, barfuß und selbstverständlich ohne Trense. Kennst du das? Ohne Zusammenhang schießt dir eine Idee in den Kopf und du bist ganz sicher, dass dafür genau der richtige Zeitpunkt ist? So war es gestern bei mir. Ich bin also erst auf den Reitplatz gegangen, auf dem wir uns beide gelockert haben. Es macht mir immer großen Spaß zu sehen, wie Madeira auf meine Gesten reagiert und was sie mir so anbietet. Manchmal breche ich in schallendes Gelächter aus, weil sie mich dann an unseren Hund erinnert. Ich denke, dass die Indianer Pferde nicht ohne Grund "große Hunde" nennen. 

Bei unglaublichen drei Grad Plus und nahezu Windstille legte ich Madeira ihr peruanische Bosal an und schwang mich - dank meiner täglichen kleinen Yogaeinheit - ganz locker auf ihren Rücken. Es ist ein schönes Gefühl, sanft auf dem Pferderücken zu landen und nicht zu plumpsen. Da weiß ich, wofür ich meinen Körper trainiere, und mein Pferd findet es irgendwie auch besser, denn es bleibt stehen, bis der Auftrag zum Losreiten kommt. Wir sind eine kleine Feierabendrunde gegangen. Madeira ist auch niemals stürmich losgetrabt, sondern immer schön gesetzt. Da kann ich gar nicht anders, als mit Dauerlächeln auf dem Pferd zu sitzen. Ich vermute, dass meine locker hängenden Füße und die entspannte Beinmuskulatur zu diesem Erlebnis beitragen. Den Rest des Weges bin ich zu Fuß gegangen. Gott, war das herrlich, durch den weichen Matsch zu gehen, das Moos unter den Füßen zu spüren. Ich konnte sie förmlich aufatmen hören. Wunderbar zu spüren, wie sich die Muskeln entspannen, der Fuß wieder ganz weit wird.

Es sind so viele Kleinigkeiten, mit denen wir unser Leben schöner machen können.

Mittwoch, 9. März 2016

Fußgymnastik an der Ampel und Erlebnisgehen auf dem Parkplatz

Was machst du, wenn du an einer roten Ampel stehst und darauf wartest, dass sie endlich umspringt und du losgehen darfst? Bislang habe ich immer die vorbeifahrenden Autos angeschaut und darauf gewartet, dass es vorbei geht. Aber heute war ich zum ersten mal als Barfüßerin in der Mittagspause. Meine Füße haben in den letzten drei Wochen ein starkes Eigenleben entwickelt. Heute Mittag zum Beispiel stand ich mit einem mal auf den Außenkanten meiner Füße und habe Fußgymnastik gemacht. Tat das gut. Mach das mal in Schuhen! ;-)

Ja, ich hab's getan, bin barfuß zur Arbeit marschiert. Nachdem ich mir tagelang darüber den Kopf zerbrochen habe, was ich mit meinen Füßen im Büro mache, kam irgendwann Entwarnung. Ich habe hin und her überlegt, warum ich mich mit dem Gedanken, barfuß zum Einkaufen oder ins Büro zu gehen, so schwer tue, dabei war die Lösung ganz einfach. Sie war in mir. In einem entspannten Moment bei Madeira flog mich die Erkenntnis an, dass es überhaupt nicht um andere Leute geht, sondern nur um mich selbst. Ich wollte nicht barfuß ins Büro gehen. Nackte Füße sind für mich privat. Die haben im Job nichts zu suchen. Ich habe lange gebraucht, um im Sommer statt Pumps Sandaletten im Büro zu tragen. Wir haben keinen steifen Dresscode. Trotzdem, nackte Füße gehören in meiner Welt nicht ins Büro. Alles gut. ;-)

Mit meinen selbstgenähten Ballerinas bin ich auch sehr zufrieden. Sie sind nicht nur schön schwarz, sondern auch nur 2 mm stark. Perfekt! Das einzige, was nicht perfekt ist, ist das Wetter. Das ist soooo kalt morgens. Als ich gestern bei C-5 vor die Tür ging, fielen mich leise Zweifel an. Aber ich habe vom Parkplatz zur Firma nur zwölf Minuten Fußweg. Da habe ich in meinen ersten Barfußwochen ganz andere Zeiten gehabt. Aber es ist tatsächlich ein großer Unterschied, ob man auf Waldboden oder Hamburger Pflaster unterwegs ist. Der Waldboden ist nicht so kalt, wie Stein. Ich habe es vermutet, aber an den letzten beiden Morgen auch erfahren.

Aber es ist so interessant, durch Hamburg quasi barfüßig zu gehen. Was es da so alles gibt! Asphalt mit und ohne Split, kleine quadratische Betonsteine mit Poren, große Steine aus Waschbeton, große Steinplatten, geschliffenen Granit, Kopfsteinpflaster, die Fahrbahnmarkierungen, Querrinnen in der Fahrbahn. Meine Füße saugen diese neuen Informationen in sich auf. Sie schmiegen sich an kleine Erhöhungen und rollen über Kanten. Es ist so ein ganz anderes Gehen ohne die starre Sohle, die mich von der Erde trennt. Das Fühlen kommt wieder. Durch die Füße bekomme ich einen ganz anderen Zugang zu meiner Umwelt. Ich kann es nicht erklären, aber ich fühle mich wacher - nicht unbedingt ausgeschlafener - aber irgendwie offener für Eindrücke. Ich habe viele Ideen, bin entspannter in stressigen Situationen. Ich kann das alles gar nicht aufzählen. Am besten ist es, du probierst es selbst aus. Ich kann es mir überhaupt nicht mehr vorstellen, jemals wieder Schuhe anzuziehen. :-)

Samstag, 5. März 2016

Vor "normal" steht immer "anders"

Wer wagt gewinnt. Her mit der Veränderung!
Als ich 14 Jahre alt war, waren von heute auf morgen meine geliebten Schlaghosen out. Die Röhre war angesagt. Ich sah auf meine Füße herab. Sie kamen mir riesig vor, da sie nicht mehr unter den weiten Hosenbeinen verschwanden. Die Veränderung kam für mich über Nacht. Es war plötzlich normal, Röhrenhosen zu tragen. Menschen mit Schlaghosen wurden belächelt. Je mehr man sich von der Norm entfernt, desto irritierter reagiert der normale Mitmensch. Ich habe schnell Frieden mit der neuen Mode geschlossen. Enge Hosenbeine wurde normal.

Seit einigen Tagen tage ich mit mit diesem Thema herum: Welchen Einfluss hat "normal" auf mein Verhalten? Welchen Normen beuge ich mich und warum? Ich habe mich immer noch nicht getraut, barfuß zum Einkaufen zu gehen. Am Wetter kann es nicht liegen, ich bin schon bei ganz anderen Verhältnissen im Wald gewesen. Im Wald! Da liegt der Hund begraben. Oder besser nicht, denn der soll mich ja begleiten. ;-) Wie auch immer: Ich war dort alleine oder mit meinem Mann. Bei ihm kann ich davon ausgehen, dass er mir wohlgesonnen ist und deshalb keine blöden Kommentare abgibt. Aber was ist mit der Welt da draußen?

Grundsätzlich kann ja jeder sagen, was er möchte, denn wir haben alle differenzierte Ansichten von z. B. den Durchhalteparolen unserer Bundeskanzlerin oder über den Genuss von Fleisch. Da kann ich also nicht ansetzen. Muss ich wohl bei mir mal schauen. Was steckt hinter meiner Angst, ohne Schuhe Einkaufen zu gehen? Normal ist es, Schuhe zu tragen. Aber warum tragen wir Schuhe? Erstmal wohl, weil unsere Eltern sie uns angezogen haben. Als kleines Kind vertraut man den Eltern blind, so dass das Schuhetragen nicht in Frage gestellt wird. Das Verhalten wird also von klein auf trainiert, die Muster schreiben sich ins Unterbewusstsein.

Hast du das schon mal erlebt?

Der Wecker sollte eigentlich geklingelt haben, aber du hast ihn irgendwie nicht gehört. Dein Kind haut sich eben nochmal die Windel voll, obwohl es schon komplett angezogen ist und der Haustürschlüssel bereits im Schloss steckt. Die volle Kaffeetasse ergießt sich urplötzlich über deinen Anzug. WARUM! "Mist, ich bin zu spät!" Du gehst los und wunderst dich, warum dich die Menschen an der Bushaltestelle so kritisch, leicht amüsiert anschauen. Du checkst dein Äußeres. Alles gut: Kein Busenblitzer, keine Laufmasche - Hosenschlitz geschlossen ;-). Hilfe! Die Schuhe. Du trägt noch deine Biolatschen, mit denen du heute Morgen noch schnell bei der Mülltonne warst. Ja, so kann's kommen. Deine Umwelt ist irritiert. Du trägst nicht der Norm entsprechende Fußkleidung. Am Strand sind Badelatschen OK, aber nicht im Büro. Sogar in der Sauna laufen die Menschen mit Badelatschen, um Fußpilz zu vermeiden, obwohl dieser die richtigen Bedingungen erst in einem schön engen, miefigen Schuh findet.

Die anderen Menschen kann ich nicht ändern, also muss ich meine "Norm" überdenken. Ich trage Schuhe, um mich zu schützen: vor Kälte, spitzen Steinen, um mein Sprunggelenk zu stützen, um einen Behälter für meine Einlagen gegen die Knickfüße zu haben. Während der drei Wochen, die mein Experiment schon andauert, habe ich aber aus Erfahrung gelernt, dass diese Gründe mich schwächen. Ich laufe barfuß durch Schnee und Eis. Die Muskeln meines Fußes sind erwacht und verformen meinen Fuß ganz vortrefflich, wenn ich auf einen Stein trete. Die neu erstarkten Muskeln heben auch mein inneres Fußgewölbe an, so dass meine Knickfüße deutlich gemildert sind.

Also, warum gehe nicht nicht barfuß unter die Leute? 

In letzter Konsequenz kann ich diese Frage noch nicht beantworten. Ich werde also das Thema in kleine Aufgaben zerlegen. 

  • Step 1: barfuß zu Hause - erledigt
  • Step 2: barfuß spazieren gehen - erledigt
  • Step 3: barfuß in den Stall - erledigt
  • Step 4: barfuß in eine halboffizielle Situation - erledigt (zweitägiges Firmenseminar)
  • Step 5: barfuß eine Besorgung in der Öffentlichkeit erledigen
  • Step 6:
  • Step 7:
Wie die weiteren Schritte aussehen, hängt von meinem Mut ab, mich gegen die Norm und damit für meine Gesundheit zu entscheiden.

Es bleibt spannend. ;-)